Über 30 Jahre Schulkampf in Horsten

- Die Auseinandersetzungen zwischen Horsten und Kleinhorsten um eigene Schulen und ihre Auswirkungen auf die Dorfgemeinschaft -

Von Theo Hinrichs

 

Unter dem Datum vom 8. August 1834 richteten die Kleinhorster ein Gesuch an das Großbritannische-Hannoversche Konsistorium in Aurich und baten um die Genehmigung einer eigenen Schule unter gleichzeitiger Dispensation von der Schule zu Großhorsten.

Das war der Anfang eines dreißigjährigen Kampfes zwischen Horsten und Kleinhorsten um die Trennung der Schulen. Als Grund dafür wurde neben den unzureichenden Raumver­hältnissen in der Horster Schule vor allem die weite Ent­fernung über sandige Wege angegeben. Diese waren im Win­ter und bei Regenwetter oftmals überhaupt nicht passierbar, besonders an den Stellen, wo das Tief überschritten werden musste.

Die Kleinhorster Schule um 1900 mit Lehrer Conrad Jordan Die Schule in Großhorsten um 1900 mit Lehrer Claas Peters

 

Schulversäumnisse aus diesem Grunde aber schützten die Eltern nicht vor Bestrafung. Das Gesuch wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass der geplante Schulbezirk die Lasten für eine eigene Schule nicht aufzubringen vermöge.

Die Kleinhorster gaben sich damit nicht zufrieden; der Streit ging weiter. Um den Vorwurf, die Schule sei für alle Kinder des Dorfes zu klein, aus dem Wege zu räumen, bauten die Horster 1839 eine neue Schule auf den Enden der Kirchhofsäcker gegenüber dem Friedhof an dem Wege nach Etzel (heu­te Gemeindehaus der Kirchengemeinde). Für damalige Ver­hältnisse war es ein respektables Gebäude in „zwei Abteilun­gen", also eine zweiklassige Schule.

Die alte Schule in Großhorsten (heute Teil des Gemeindehauses der Kirchengemeinde Horsten) Kleinhorster Schule (Heute Hauptstraße 87)

 

Den Kleinhorstern war jedoch mit dieser Schule gar nicht gedient. Ihre Separationsbestrebungen gingen weiter. Zeit­weise erlangten sie die Genehmigung für die provisorische Einrichtung einer Schulkammer für den Winter. Darauf richteten sie sich eine eigene Schulkammer ein und ließen ihre Kinder von einem Schulhelfer unterrichten, den sie aus eigener Tasche bezahlten. Der Versuch, dieses Provisorium zu einer Dauereinrichtung zu machen, endete mit der Dro­hung der Behörde, den Schulhalter polizeilich auszuweisen. Die Kinder aus Kleinhorsten mussten unter drastischen Straf­androhungen die Schule Horsten unter denkbar ungünstigen Bedingungen besuchen. Die Abneigung der Erwachsenen ge­gen die Horster Schule und alles, was damit zusammenhing, hatte sich auf die Jugend übertragen und äußerte sich in al­lerlei „Feindseligkeiten". Es kam sogar zu blutigen Schläge­reien mit den „Loogners", den Jungen aus dem Dorf.

Der Kampf ging weiter. Nach 31 Jahren des Streitens erteilte die Behörde am 15. Juni 1865 die Genehmigung zum Bau einer eigenen Schule und zur Wahl eines eigenen Schulvorstandes. 1866 wurde die Schule gebaut. Dem Schulbezirk wurden Helmte, Hohemoor, Naustraße und Bült angeschlossen, wogegen Bült sofort heftig protestierte.

Horsten war schulisch geteilt. So sehr man der Zähigkeit der Kleinhorster Achtung zollen musste, für die schulische Ent­wicklung war diese Teilung ein schwerer Rückschlag. Wäh­rend die Kinder der umliegenden Dörfer längst in minde­stens zwei Klassen Unterricht erhielten, blieb Horsten mit seinen beiden einklassigen Schulen, in denen die Kinderzahl zuweilen die Hundert erreichte und sogar überschritt, im Rückstand. Der Unterricht war eine schwere Belastung für Lehrer und Schüler.

Die neue gemeinsame Schule Horsten auf dem Bült, erbaut 1954/55     Luftbild der Horster Schule mit Turnhalle und Sportplatz 1992

 

Die Streitaxt war begraben, aber die Kluft blieb. Die während der „Kampfzeit" immer größer gewordene Abneigung der Horster und Kleinhorster gegeneinander zeigte sich nicht nur im schulischen, sondern auch im kirchlichen und sozia­len Leben und äußerte sich in einer oft recht betrüblichen Rivalität.

(Nach Ernst Jordan: Chronik des Dorfes)